Von leicht bis schlimm. Aus unserer Sicht. Der Körper ist immer ein ganzer Körper. Das Wort „Halbseitenlähmung“ führt eine Verzerrrung dieser folgenschweren Wahrheit mit sich. Unser Gehirn ist in zwei Hälften unterteilt. Die rechte Gehirnhälfte steuert diagonal die linke Körperhälfte und umgekehrt. Beide Gehirnabteilungen korrespondieren ständig über einen sogenannten „Balken“ (Corpus Callosum).
Stellen Sie sich bitte folgende Situation vor: zwei Schüler sind in einen Sack gepackt: einer ist gesund und stark. Der andere schwach, unbeweglich, sich selbst nicht fühlend – abgesehen von Verzweiflung, denn die Erinnerung an andere Zeiten ist intakt. Die zukünftige Lebensaufgabe lautet, in dem Sack 100 Meter Strecke abliefern. Wir Therapeuten wissen aus Erfahrung, was jetzt passiert. Bitte nicht vergessen! Sie sind in einem Sack und sehr ungleich leistungsfähig und doch ein Team. Ohne Therapie, oder durch unwissende Therapie, entsteht eine verzweifelte Problemlösung. Die starke Seite übernimmt das Kommando. Die betroffene Seite wird noch betroffener in diesem Wettstreit. Sie wird fest. Spastisch. Noch weniger gefühlt.
Jetzt kommt unsere Arbeit. Unsere Aufgabe ist es, dieses ungleiche Paar in eine neue teamorientierte Lebensbewältigung zu führen. Wir können einen Schlaganfall nicht rückgängig machen. Das worauf es ankommt, ist die Komplizenschaft: die „gesunde“ Seite muss schicksalshaft und unabdingbar lernen, das Tempo und die verbliebenen Fähigkeiten in dieser Schicksalgemeinschaft kontinuierlich aufmerksam in jede Bewegung mit einzubeziehen. Ständig. Das sind keine bewussten Prozesse. Sensorik und Motorik werden nicht vom Verstand gesteuert. Als Ergebnis wahrgenommen aber schon.
Die Patienten leiden zudem häufig auch physisch: durch die fehlende muskuläre Gelenkzentrierung, entstehen auf der körperlichen Ebene quälende Schmerzen. Das ist zusätzlich eine sehr leidvolle Erfahrung. Wir geben unser Bestes für Linderung.
Es wäre genug. In der Fachsprache sehr nüchtern mit affektlabil o. instabil beschrieben: die Betroffenen weinen bitterlich aus dem scheinbaren „Nichts“ heraus. Die Regulationzentren für die Bewältigung von starken Gefühlen, sind durch den Schlaganfall nur noch beschränkt wirksam. Das ist natürlich fatal. Gilt es doch eine neue Lebensgemeinschaft im „Sack“ auf der 100 m Strecke zu schaffen. Eine Gefühlsachterbahn. Eine Gefühlsachterbahn, die auf beiden Seiten liegt. Sie betrifft den Schlaganfallpatienten genauso wie die Angehörigen. Zusätzlich zu der Affektinstabiltät kommt auch noch die WESENSVERÄNDERUNG. Für Angehörige besteht hier ein unbedingter Anleitungsbedarf.
Es wäre genug. Die Atmung ist auch so wichtig. Durch die starke eingeschränkte Beweglichkeit kommt es nicht mehr zu einer natürlichen Atemvertiefung, wie z.B bei einem längeren Spaziergang. Das Zwerchfell ist ein horizontal aufgehängtes muskuläres Segel. Es ist wie ein schwingendes Dach. Um die Belüftung der Lunge zu gewährleisten, und damit auch die gesamte Sauerstoffversorgung des Körpers, kommen hier spezielle Atemtechniken sowie einfach zu handhabende Atemtrainigsgeräte zur häuslichen Übung zum Einsatz.
Wir haben diesem Krankheitsbild besonderen Platz gewährt. Denn es verändert alles tiefgreifend. Alle Beteiligten sind aufgefordert, Schicksalsdemut zu entwickeln. Noch kann der medizinische Fortschritt hier noch keine Genesung bewirken. Nun. In all dem sind wir ruhig und langsam. Kompensationen sind keine Lösung. Ruhig und langsam gibt das Arbeitstempo von ungleich leistungsstarken Teamplayern vor. Da geht noch was – nehmen Sie gerne mit uns Kontakt auf.